Bye Bye Pokhara - Welcome to India
Planlos reisen, das war mein eigentliches Ziel, doch vor Beginn meiner Reise hatte ich dann doch einen groben Plan im Kopf, wo ich denn hin will und was ich mir anschauen möchte. Angefangen in Nepal, dann Indien, Myanmar, Thailand, Indonesien, über Neuseeland, die Cook-Inseln nach Costa Rica, Ecuador, Bolivien, Peru bis nach Argentinien und dort zum Schluss mir einen Traum zu erfüllen, nämlich Tango tanzen zu lernen. Jetzt, nach fast 4 Monaten an einem Ort, habe ich mich von meinem groben Plan und auch von meinem Traum vorerst gedanklich verabschiedet. Ein Jahr hört sich ziemlich lange an, ist es aber nicht, wenn man länger an einem Ort verweilen möchte und nicht ständig von einem Ziel zum anderen hetzt. Und das habe ich bestimmt nicht vor…..nur keinen Stress!! Ich ziehe es doch vor, wenn es mir gefällt, länger an einem Ort zu bleiben und dort zu spüren, wie das Leben der Menschen aussieht. Wenn man nur rumreist, von einem Platz zum anderen, kann man kann nicht behaupten wirklich da gewesen zu sein. Man hat zwar die Stadt, die Sehenswürdigkeit oder was auch immer besucht, aber eben nur mit den Augen, nicht mit allen Sinnen.
Ursprünglich wollte ich mit dem Bus von Pokhara zurück nach Kathmandu fahren, um mein Visum dort auf der Indischen Botschaft zu beantragen. Es dauert wohl 8-10 Tage bis man es bekommt und ich dachte, ich kann die Gelegenheit nutzen und mir noch ein paar Orte außerhalb von Kathmandu anschauen. Außerdem wollte ich auch nochmal bei Tsering, dem Mönch im Kloster vorbei zu schauen, um mich zu verabschieden, bevor ich Nepal verlasse. Bei meiner Recherche im Internet „How I get the Indian Visa?“ habe ich viele Erfahrungsberichte gelesen und festgestellt, dass es ein ziemlicher bürokratischer Aufwand ist. Man muss drei-bis viermal bei der Botschaft aufkreuzen und ein Formular nach dem anderen ausfüllen. Das hieße…..ich würde wieder mindestens 8 Tage in Kathmandu gefangen sein und ich hatte keinen Bock auf diese dreckige Stadt. Was also machen? In Pokhara gibt es keine indische Botschaft!!! Aber es gibt ja zum Glück „dein Freund namens Google“ ….. und ich finde hier ein paar Travel Agency´s, über die ich das Visum ebenfalls beantragen kann. Das dauert allerdings mindestens 15 Tage und kostet auch entsprechend mehr. Ich rechne kurz durch – 8 Stunden Busfahrt nach Kathmandu, Unterkunft, Essen und das wichtigste überhaupt – die Zeit, die ich dann jeden zweiten Tag auf der Botschaft verbringen muss!!! Die Entscheidung ist schnell gefallen – ich rufe Tsering an und erkläre, warum wir uns nicht nochmal sehen werden. Natürlich hat er Verständnis und wünscht mir eine gute Weiterreise. Sicher bleiben wir auch weiter im Kontakt, so wie die ganzen Monate zuvor.
Am nächsten Tag sitze ich am Computer der ˋLemon Gras Travel Agency´ (by the way…keine Ahnung was Zitronengras mit einem Reiseunternehmen zu tun hat….) und kämpfe mich durch die Antragsformulare. Das Ausfüllen ist eine einzige Prozedur. Die wollen wirklich alles wissen….Familienverhältnisse…..Ob ich mal in Indien gewesen sei und wo genau…...Von wann bis wann mein Visum damals ausgestellt wurde…..Ob ich Pakistanischer Abstammung wäre…..Welche Länder ich jemals bereist habe….Welche Orte ich mir in Indien anschauen möchte…..und, und, und…..Ich fülle jedes Feld schön brav aus und ja, ich war auch 2010 in Indien, nur weiß ich bei Gott nicht mehr, von wann bis wann mein Visum damals ausgestellt wurde. In meinem Reisepass kann ich nicht schauen, da ich zwischenzeitlich einen Neuen habe. Ich neige dazu anzukreuzen ‚no visit before', frage aber lieber den Mann von der Travel-Agency nochmal. Er erzählt mir, dass er so einen ähnlichen Fall hatte. Der Mann, ein Däne, hatte wohl auch aus Faulheit einfach angekreuzt, dass er noch nie in Indien war und nicht damit gerechnet, dass es jemals kontrolliert werden würde. Aber die indischen Behörden nehmen das ziemlich genau und so hat er einen riesigen Stress bekommen und wurde 2 mal nach Kathmandu auf die Botschaft zum Interview vorgeladen. Das hieß jedes mal 8 Stunden mit dem Bus von Pokhara nach Kathmandu und wieder zurück. Darauf hatte ich nun wirklich keinen Bock. Er gibt mir den Tipp, einen Brief an die indische Botschaft in Kathmandu zu schreiben und den Sachverhalt zu erklären. Und so sitze ich da und verfasse einen Brief in dem steht, ja…ich war 2010 in Indien…es war irgendwann im Oktober….ich kann nicht sagen, von wann bis wann das Visum damals ausgestellt wurde, da ich zwischenzeitlich einen neuen Pass bekommen habe und mein Nachname damals noch anderer war…..nein, ich habe keine pakistanische Wurzeln……ja, ich bin fasziniert von dem wundervollen Land und ich möchte mir alle möglichen Orte anschauen…..blablabla…….Nach 3 Stunden bin ich dann endlich mit allen Formularen fertig und auch fertig mit den Nerven. 2 Wochen später habe ich ein 6-Monats-Visum mit Double Entry in meinem Pass und bin um 130€ ärmer. Keine Ahnung, ob ich überhaupt ein 6-Monats-Visum brauche, aber es kostet genau so viel, wie ein einfaches 3-Monats-Visum….und wer weiß?!
Mein Plan ist, Indien von Nord nach Süd zu bereisen. Wiedermal ein Plan, der kein Richtiger ist…….Was am Ende passiert und wo ich überall lande…….keine Ahnung!!! Ich habe jetzt erstmal Zeit bis Ende Dezember, denn dann treffe ich mich mit Julia, Robert und klein Frida in Thailand und darauf freue ich mich riesig!!! Auf jeden Fall werde ich mir dahingehend treu bleiben, immer auf mein Bauchgefühl zu hören und dort zu bleiben, wo es mir gefällt, auch wenn ich nicht alle Sehenswürdigkeiten in Indien abgeklappert habe.
Jetzt steht aber der Abschied bevor – Bye, Bye Pokhara !! Ein Abschied von vielen tollen und lieb gewonnenen Menschen, einem wunderbaren Ort und das fällt mir gar nicht leicht.
Ich entscheide mich, die letzte Nacht in Kaori´s Guesthouse zu übernachten, da wir beide zusammen und nicht zu vergessen, natürlich mit klein Pino nach Indien reisen und unser Bus schon um 6 Uhr abfährt. Nach 2 Monaten im ˋLake Mirage Guesthouseˋ heißt es nun Abschied nehmen von Pratima und Raju, meinen Vermietern. Ich wurde von den beiden wie ein Familienmitglied aufgenommen. Es ist ein emotionaler Abschied. Ich bin so berührt und es fließen die Tränen bei Pratima und mir. Sie ist gerade mal so alt, wie meine Julia und immer sagte sie zu mir ˋmy mother. Wie oft saßen wir zusammen auf dem Balkon und haben miteinander geredet, oder es jedenfalls versucht, was oftmals sehr lustig war. Sie spricht nicht viel Englisch und ich kein Nepali, aber wir haben uns trotzdem sehr gut verstanden – nicht immer mit Worten, dafür mit der Sprache des Herzens. Werden wir uns wieder sehen? Vielleicht? Ich weiß es nicht.
Mein aller letzter Tag in Pokhara ist dann doch noch ganz schön stressig.......meine Sachen packen, Childrens Day mit den Street-Kids und Abschied nehmen von Sushil, Pradip, Josh und allen lieben Menschen von ˋVoice of Street´, Abschied nehmen von Tsiring, meiner tibetischen Schmuckverkäuferin, Abschied nehmen vom „New Beautiful“, einem Local Restaurant und der lieben nepalesischen Familie Neopani. Dal Bhat Essen mit Jim und Kaori in seinem Lieblingslokal in der City. Und einkaufen für die geplante Abschiedsparty steht auch noch auf dem Plan. Irgendwie vergeht der letzte Tag viel schneller als alle anderen zuvor und eh ich mich versehe, sitze ich abends zusammen mit all den anderen Leuten aus dem Apex-Guesthouse auf Kaori´s geliebten Roof-Top. Es ist ein ziemlich lustiger Abend und wir sind alle gut drauf. Kaori vertieft ihre Massagepraxis mit Übungen an Ben und ich bekomme eine kurze professionelle Tango-Lesson von Jim und merke, dass zu viel Alkohol nicht gut ist für die Konzentration :-)...habe aber trotzdem einen riesen Spaß. ……Wenn ich es schon nicht bis nach Argentinien schaffe, dann eben Tango tanzen in Nepal…Why not?! Die Zeit vergeht wiederrum viel zu schnell und der Abschied von jedem einzelnen ist teilweise sehr emotional. Als ich auf die Uhr schaue, ist es bereits 4 Uhr früh ……Ohje!! Ich habe nur noch eine Stunde Schlaf, aber egal……..dieser Moment kommt nicht wieder. In dieser Multi-Kulti-Runde, mit Franzosen, Russen, Ukrainern, einem Amerikaner, einer Japanerin und mir Deutschen, werden wir uns niemals wieder sehen und schlafen kann ich später im Bus. Um 5 Uhr klopft Kaori an meine Tür und gleichzeitig ertönt auch der Wecker von meinem Handy. Ich bin total verpeilt, erhebe mich langsam, wie in Zeitlupe aus dem Bett und fühle mich, naja…wie man sich halt so fühlt nach einer fast durchgemachten Nacht, etwas zittrig und wackelig auf den Beinen……aber hilft ja nix. Ich bewege mich langsam unter die Dusche, in der Hoffnung, es verhilft meinem Zustand zur Besserung...…so wirklich wach bin ich auch nicht nach der Dusche, aber als ich auf die Uhr schaue, bekomme ich einen Schreck…noch 5 Minuten, bis das Taxi kommt. Also schnell packen. Ich stopfe meine restlichen Sachen einfach in einen Sack, denn mein Rucksack ist voll und zum ordentlich aus- und wieder einpacken habe ich keine Zeit mehr.
Das Taxi bringt uns zum Bus-Park und dort sitzen wir ewig noch rum. Von wegen, der Bus fährt um 6 Uhr…..ich denke, wie schön es gewesen wäre, noch ein wenig im Bett zu schlafen. Als unser Bus endlich kommt, suchen wir unsere Plätze und machen es uns bequem, in der Hoffnung, dass es nun gleich los geht…aber Fehlanzeige…wir sind halt in Nepal und nicht in Deutschland. Also weiter warten….es ist jetzt auch egal. Wir haben unsere Plätze und viel, viel Zeit…..naja..so viel Zeit auch wiederrum nicht, da wir abends um 22 Uhr unseren Nachtzug in Gorakhpur/Indien erreichen müssen. Vor uns liegt eine lange Reise – 1700km mit Bus und Bahn bis zu unserem Ziel Manali/Nordindien. Sicher ein Abenteuer in Indien – ich bin gespannt!!
Nichts mit schlafen im Bus…. Neben mich setzt sich ein Mann, schätze ihn auf Ende 30, und ich denke…Oh NEIN!!!! Der Typ stinkt nach Alkohol am frühen Morgen !!! Und insgeheim denke ich……hoffentlich habe ich keine Fahne von gestern!!! Es dauert nicht lange und er versucht eine rege Konversation mit mir anzufangen. Am Anfang bin ich noch ganz höflich, so wie ich eben bin, und antworte auf seine Fragen, wo ich herkomme und wo ich hin will. Er hört aber nicht auf zu reden und quatscht mich immer weiter voll….Ich fühle mich nicht wohl, es nervt und so mache ihn darauf aufmerksam, dass ich nicht reden und meine Ruhe haben möchte. Als er endlich eingeschlafen war, hatte ich meine Ruhe, zumindest von seinem Gelaber. Und schon tauchte das nächste Problem auf….er schlief zwar und hielt seinen Mund, jedoch verlor er, schlaff vom schlafen, die Kontrolle über seinen Körper. Sein Kopf landete ständig auf meiner rechten Schulter und seine Beine fielen gespreizt auseinander. Er hing da wie ein Schluck Wasser in der Kurve und ich wusste nicht mehr, wo ich noch hinrücken sollte. Das war mir zu viel Körperkontakt. Also presste ich mich mit meinem ganzen Körper ans Fenster und in meiner Verzweiflung nahm ich jedes Schlagloch zum Anlass, meine Schulter heftig aufwärts zu bewegen und damit seinen Kopf wieder in eine aufrechte Position zu bringen. Half leider nur kurzzeitig, bis er im Tiefschlaf wieder meine Schulter als Kissen benutzte. Ich bin wirklich ein sehr geduldiger Mensch, aber in dieser Situation fühle ich mich gar nicht wohl…Meine Bewegungen werden nun mit jedem Schlagloch heftiger…und weiß Gott…Schlaglöcher gab es zur genüge. Der Typ wacht einfach nicht auf. Ich schaue aus dem Fenster, lasse die Landschaft vorbei ziehen und versuche zu akzeptieren, dass ich meine Lage nicht ändern kann – Anicca…..das habe ich doch während der Meditation gelernt.
Um 15 Uhr kommen wir endlich in Sunauli an der nepalesisch/indischen Grenze an. Wir steigen aus dem Bus und es erschlägt mich – es ist heiß, laut, dreckig….es wimmelt von Menschen und Fahrzeugen, die ständig hupen und sich nur im Schritttempo fortbewegen können. Die einen wollen nach Indien, die anderen nach Nepal einreisen. Ein wildes Durcheinander - kreuz und quer - Busse, Trucks, Autos, Motorräder, Karren, Fahrräder, Rikschas und viele Menschen. Da stehen wir nun, vollbepackt mit unserem Gepäck, inmitten dem Gewirr von Menschen und Gefährten. Wir haben Hunger und suchen uns ein Lokal. Alles sieht hier sehr runtergekommen aus, aber das ist uns jetzt auch egal. Wir sind noch gezeichnet von der vergangenen Nacht und den Strapazen der Busfahrt ohne Schlaf. Müde sinken wir in die Plastikstühle des Lokals und bestellen etwas zu essen. Das Essen sieht genauso aus, wie das Lokal…..nämlich schrecklich….aber der Hunger treibt es rein. Wir sitzen trotzdem lange in der schäbigen Kaschemme, jeder starrt nur vor sich hin und keiner von uns mag reden – wir sind einfach zu müde. Irgendwann schauen wir uns an und müssen, aus der Situation heraus, einfach nur lachen…ein paar Minuten später raffen wir uns dann doch auf, denn wir sind immer noch auf der nepalesischen Seite und noch nicht in Indien. Vor dem Lokal schallt es uns dann entgegen…..lautes Rufen von einem Dutzend Männern…..Taxi??...Rikscha??....Als ob die alle auf uns gewartet hätten… Kaori hat Grenzgänger-Erfahrung, denn sie darf mit Pino nur über den Landweg nach Indien einreisen und so erklärt sie mir, wie das jetzt hier abläuft. Zuerst müssen wir zum Immigration Office auf der Nepal Seite. Dort bekommen wir den Ausreise-Stempel. Als nächstes kommt die Überquerung der Grenze und danach müssen wir zum Immigration Office auf der indischen Seite, um uns dort den Einreisestempel zu holen. Klingt ja ganz einfach, denke ich noch……Das alles erstreckt sich allerdings auf einer Länge von ca. 2km. Für uns viel zu weit zu Fuß und viel zu beschwerlich mit all unserem Gepäck. Aus dem Grund entscheiden wir uns nach langer Preisverhandlung für eine Fahrradrikscha und bekommen diese für 200 Rupien ca. 2,60€. Der alte Mann hat sich so um uns bemüht und schon angefangen unser Gepäck auf sein klappriges Gefährt zu laden. Ich weiß nicht, wo wir da noch Platz haben sollen, zwischen Kaori´s Koffern, Taschen, meinem Backpack und dem Sack. Irgendwie bekommen wir doch alles unter, inklusive uns. Ich denke noch…wie gut hat es Pinot. Sie wird schön in ihrer Tasche getragen und bekommt von dem ganzen Stress nichts mit. Unsere Fahrt auf dem Ding ist ziemlich lustig – kreuz und quer durch den ganzen Verkehr hindurch. Der Mann bringt uns zum nepalesischem Immigration Office. Dort bekommen wir ziemlich schnell und unkompliziert unseren Ausreisetempel. Wieder drauf auf die Rikscha und weiter geht es in dem Gewühle zur indischen Grenze. Dort angekommen machen wir noch Witze und rufen laut „Welcome to India“. Ein Grenzbeamter lächelt noch freundlich und wir bitten ihn, ein Foto mit dem Handy von uns zu machen. Alles scheint easy….jedoch als er das Foto geschossen hat, winkt er uns raus und dann fängt das an, womit ich niemals gerechnet habe – die pure Schikane…..Wir müssen nacheinander unser Gepäck mitten am Straßenrand zu einem Tisch bringen und werden gefilzt. Alles wird durchsucht und auseinandergerissen. Da stehen wir nun mitten in dem Menschengewühl, hinter uns die stinkenden lauten Autos und vor uns zwei Grenzoffiziere, die sichtlich Spaß haben, unser Gepäck zu kontrollieren. Pino wird auch auf dem Tisch geparkt und ist gleich wieder die Attraktion….Is it a cat or a dog? Immer wieder die selbe Frage…..Ich finde das ganze am Anfang noch ziemlich lächerlich und will das Durcheinander auf dem Tisch mit meiner Handykamera festhalten. Ich schieße ein zwei Fotos und genauso schnell, wie ich sie geknipst habe, muss ich sie unter akribischer Beobachtung der Grenzbeamten auch wieder löschen. Ich habe nichts zu verbergen und mit meinen Sachen sind sie ziemlich schnell fertig. Ich stopfe das Durcheinander wieder in meinen Rucksack und merke, wie Kaori neben mir kurz vor der verbalen Explosion steht, als ihre Edelsteine angetatscht werden. Ihr Hobby sind Edelsteine und was man daraus machen kann….Ketten, Armbänder etc….. Die Steine sind ihr heilig und nun werden sie von mittlerweile 6 Beamten begutachtet. Denn je mehr sie sich aufregt, um so mehr Männer in Uniformen erscheinen. Jeder Stein, auch noch so klein, wird von ihnen genauestens begutachtet und sich gegenseitig aus den Händen gerissen. Kaori schreit mit bösem und wütenden Gesicht die Beamten an: „Don´t touch!!!! Don´t touch!!! Und reißt ihnen die Beutel und Schatullen aus den Händen. Das finden die gar nicht lustig und es gibt ein wildes Wortgefecht hin und her. 4 Offiziere beschäftigen sich nun mit den Steinen, die restlichen 2 mit Kaori´s Koffer und 2 andere Beamte begutachten Pino und amüsieren sich über die kleine Hundedame. Hinter uns versammeln sich so langsam auch noch ein paar Schaulustige, die wahrscheinlich auf Kaori´s Geschrei aufmerksam geworden sind und daneben steht auch noch unser Rikschafahrer nichtssagend mit ungläubigen Blick. Ein einziger Menschenauflauf….. Als die Beamten Pino ständig anfassen und mit ihren Handy´s Fotos machen, brüllt Kaori wieder quer über den Tisch….Don´t touch!!! Don´t touch!!! No photo!!!.... Delete!!!! …..Delete!!!! Und nun müssen die Beamten die Fotos von Pino unter akribischer Aufsicht von ihr löschen. Ich spüre, das ganze gerät jetzt etwas außer Kontrolle..... …..Kaori verhält sich weiter wie ein wildes Tier, dass sein Revier verteidigt. Ich versuche ruhig zu bleiben und zwischen den Beamten und ihr zu vermitteln und irgendwie abzulenken. Ein Mann sagt ständig zu mir, ich solle meine Freundin beruhigen und ich erkläre ihm, warum sie so ausflippt und frage, was das ganze denn eigentlich hier soll und wonach sie denn suchen? Ja…die Steine dürfen nicht nach Indien eingeführt werden, so erklärt er mir…….ich erkläre ihm wieder…die Steine hat sie aber doch in Indien gekauft und dann ist sie nach Nepal ausgereist…Was ist das Problem? Die Steine sind ihr Heiligtum und ihre Arbeit, nun werden sie von jedem angefasst…..das müsse er doch verstehen!!! Zwischendrin versuche ich Kaori zu beruhigen. Ich merke jedoch an ihrem Gesichtsausdruck, dass das ganze auch von ihr initiert ist. Wir schauen uns an und verstehen uns ohne Worte….Die Taktik - Sie zieht ihr Schauspiel weiter ab und benimmt sich wie eine Furie, in der Hoffnung, die Grenzoffiziere sind so genervt von uns und lassen uns gehen. Ich bearbeite zwei Offiziere mit vielen ruhigen und um Verständnis bittend Worten…….und der Plan geht Gott sei Dank auf…nach einer Stunde werden wir entlassen. Ich bin fix und fertig, aber sowas von erleichtert. Wir schwingen uns wieder auf die Rikscha und der Mann fährt uns zum Immigration Office um uns den Einreisestempel für Indien zu holen. Den bekommen wir dann, Gott sei Dank, ohne Probleme. Mittlerweile ist es 19 Uhr und dunkel. Der Bus nach Gorakhpur wartet ein wenig entfernt auf der anderen Straßenseite. Vor uns liegen nochmal 100 km Busfahrt und in 3 Stunden fährt unser Zug…..ohje!! Ob wir das schaffen??
Genau um 21:50 Uhr kommen wir an. Es erschlägt mich, als ich auf die Straße trete….. Dreck, Gestank, Lärm, Dunkelheit…..Welcome to India!!! Etwas entfernt sehen wir den beleuchteten Bahnhof und wir rennen los, denn wir haben nur noch 10 Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Nur wo ist der Eingang?? Gleich werden wir auch wieder belagert von Taxi- und Rikschafahrern und wir beide sind nur noch genervt. Selbst ich, die sonst die Ruhe in Person ist, antworte den Männern nun in einem sehr harschen Ton…..Go!!....No need!! Andere Sprache verstehen die nicht……Wir finden den Eingang und das gleiche Gewimmel der Straße finde ich nun auch am Bahnhof. Etwas verloren stehen wir inmitten dem ganzen Treiben und fragen uns, von welchem Bahnsteig denn der Zug eigentlich fährt. Es gibt keine Anzeigetafel, so wie wir es kennen. Also wieder durchfragen und so werden wir auf Gleis 5 geschickt….das heißt…mit dem ganzen Gepäck die lange Treppe hoch…..mein Gott!!! Ich laufe vorne weg und die arme Kaori schleppt sich mit ihrem Koffer, Rucksack, Taschen und Pino die Treppe hoch…Niemand da, der uns hilft. Kein einziger Typ kommt der Gedanke uns zu helfen, obwohl wir sichtlich von unseren Anstrengungen gezeichnet sind……… Um 22:00 Uhr erreichen wir beide den Bahnsteig. Nun das nächste Problem….der Zug ist so lang, dass man weder den Anfang noch das Ende sehen kann. Wo sollen wir einsteigen? Wo befinden sich unsere reservierten Plätze? Sollen wir rechts oder links laufen? Irgend ein Schaffner oder gar eine Wagenstandsanzeige = Fehlanzeige!! Wir laufen auf dem überfüllten Gleis hin und her…und wissen nicht, wo wir einsteigen sollen. Endlich finden wir einen Mann, der uns zumindest die richtige Richtung anzeigt und so springen wir wieder mit unserem Gepäck los. Dann, auf einmal fängt der Zug an, sich zu bewegen und ich bekomme Panik…Wir entscheiden uns, die nächst offene Tür zu nehmen und springen nacheinander mit all unserem Gepäck in den Wagon. Da sitzen wir nun auf dem Boden und müssen uns, nach der Aktion erstmal sammeln. Der Zug steht wieder still, keine Ahnung warum….das ist eben Indien und eigentlich sind wir auch ganz froh darüber, dass er nicht pünktlich abgefahren ist, sonst hätten wir ihn garantiert verpasst. Wir raffen uns auf, nehmen unsere Sachen und wollen uns auf die Suche nach unseren Plätzen machen, da kommt doch tatsächlich ein Schaffner vorbei, den wir fragen können und siehe da, wir stehen im richtigen Wagon und auch noch direkt vor unseren reservierten Plätzen oder besser gesagt…..Schlafplätzen…..Zufall?? Oder das Universum hat es mal wieder gut mit uns gemeint? Nach 16 Stunden auf den Beinen, keinen Schlaf die Nacht zuvor und so viel Aufregung an der Grenze haben wir uns das auch verdient. Ich schaue mich um…..in dem Wagon reihen sich die Schlafpritschen dicht an dicht und in 3er-Reihen übereinander. Es gibt Air-Condition, auf jedem Bett liegen frische Decken, Kissen und sogar ein Handtuch….was für ein Luxus - den hat man, wenn man 30€ investiert und das war es mir wert. Auch an den Leuten, die in diesem Abteil sitzen merkt man, dass sie nicht zu den ganz armen Indiens gehören. Es ist mehr die Mittelschicht. Mit uns reist eine jüngere indische Familie - Vater, Mutter und kleines 5-jähriges Mädchen. Wir begrüßen uns freundlich. Sie sind gerade beim essen und ich bekomme von dem leckeren Geruch auch Hunger. Sofort machen sie Platz für uns. Wir verstauen unser Gepäck und fallen müde auf den Sitz. Die Kleine hat keinerlei Berührungsängste, setzt sich neben uns und fängt an mit uns zu reden….sie redet und redet und ich verstehe kein Wort. Sie lässt sich davon aber nicht beeindrucken….ich kann nur an ihrer Mimik und Gestik erkennen, dass sie happy ist und freue mich mit ihr. Ich suche meine Kamera, um ein paar Fotos zu machen. Als die Kleine das sieht, streckt sie sofort ihre Hände in Richtung Kamera aus und spricht abermals auf Hindi mit mir. Ich verstehe zwar wieder kein Wort, weiß aber, was sie möchte – nämlich meine Kamera. Überall sind die Kinder ganz wild darauf selbst Fotos zu knipsen. Erst in Nepal und jetzt hier. Ich zeige ihr, wie es funktioniert und sogleich fängt sie freudestrahlend an, wild um sich herum und von allem möglichen Fotos zu schießen. Die Frau spricht englisch und fragt uns, ob wir auch etwas zu essen möchten. Wahrscheinlich hat sie uns angesehen, dass wir Hunger haben. Wir bejahen und sogleich schickt sie ihren Mann los, um für uns essen zu besorgen. Wie nett und wir lassen es uns schmecken!!!! Es dauert doch tatsächlich noch knapp eine Stunde, eh der Zug sich dann doch endlich in Bewegung setzt. Mittlerweile ist es 23 Uhr . Alles beeilen zuvor umsonst – that´s India!!! Vor uns liegen rund 1000 km und ca. 24 Stunden Zugfahrt bis nach Chandigarh. Ich bin todmüde, klettere nach oben auf meine Pritsche und schlafe sofort mit dem Rattern des Zuges ein. Am nächsten Morgen um 8 Uhr werde ich geweckt vom lautem Rufen „Chai…Chai…Pani…Pani…..Omelett…Omelett“…hallt es durch den Gang. Männer laufen durch den Zug und bieten Essen und Trinken an. Ich habe wirklich sehr gut geschlafen. Langsam krabbeln alle Leute von ihren Schlafpritschen. Es riecht nach Essen. Ich schaue aus dem Fenster und lasse die Landschaft vorbei ziehen……tropisch, Palmen, Dörfer…es ist flach…keine Berge mehr. Kaori hat Frühstück für uns geordert und so lassen wir uns, mit dem gleichmäßigen rumpeln des Zuges unser Omelett schmecken. Verhungern tun wir auf jeden Fall nicht, denn während der ganzen Zugfahrt kommt alle Minute jemand vorbei und bietet essen und trinken an. Ich möchte mir ein wenig die Beine vertreten und gehe raus aus dem Abteil zum Rauchen. Das kann man hier ganz simple machen, indem man einfach die Zugtür öffnet. Das macht man hier so…. und es interessiert keinen. Man hat ja auch nicht vor, aus dem Zug zu springen… Außerdem ist das Tempo nicht mit einem ICE zu vergleichen….alles slowly….Ich stehe in der geöffneten Zugtür, spüre den warmen Fahrtwind in meinem Gesicht, sehe die Landschaft vorbeiziehen und genieße meine Zigarette. Den ganzen Tag verbringen wir noch im Zug….ich mache es mir auf meiner Liege bequem. Wir reden, essen, lesen, holen unseren fehlenden Schlaf nach und verpassen so auch den Abschied von der netten Familie mit dem süßen Mädchen. Die Zeit mit rumliegen und nichts tun vergeht trotzdem ziemlich schnell. Langsam wird es wieder dunkel. Vor 36 Stunden sind wir in Pokhara aufgebrochen und immer noch unterwegs….keine Dusche, keine frischen Klamotten. Ich frage mich, wie lange wie lange wir wohl noch bis Chandigarh brauchen?
22 Uhr….wir sind endlich da. Nach weiteren 24 Stunden raus aus dem Zug und rein ins Taxi. Wir haben kein Hotel im Vorfeld gebucht und verlassen uns auf die Empfehlung des Taxi-Fahrers, der uns in die Nähe der Bus-Station bringen soll. Wir sind ja immer noch nicht an unserem Ziel angekommen. Unser Plan…. eine Nacht im Hotel und morgen ein wenig Sightseeing, bevor es dann weiter mit dem Bus nach Manali geht - nochmal 300 km und 15 Stunden Busfahrt. Das Taxi bringt uns zum ˋCity Heart Hotelˋ – kostet pro Person umgerechnet ca. 35€ die Nacht und ist somit für meine Verhältnisse sehr teuer, aber wir gönnen uns nach der anstrengenden Reise den Luxus und freuen uns über ein schönes Zimmer, eine Badewanne und ein riesiges Bett. Zuvor macht sich Kaori wiedermal an der Rezeption unbeliebt, indem sie unglaublich pampig mit dem Hotelpersonal spricht. Ich weiß nicht, was für schlimme Erfahrungen sie während ihrer vielen Reisen in Indien gesammelt hat, dass sie jedes mal so aggressiv reagiert. Ja..okay…ich bin auch genervt von der langen Reise, aber dafür können ja die Leute hier nichts….. Ich möchte mir noch ein wenig die Beine vertreten und außerdem hab ich keine Zigaretten mehr. Ich wollte doch auch eigentlich aufhören mit rauchen!!!!..... aber irgendwie klappt das nicht. Ich sage zu Kaori, dass ich nochmal raus gehe und sie ist ziemlich besorgt……Immer wieder ihre Abwehrhaltung…..“You know nothing about India!!, Be carefull!!......Ja..okay…wir sind hier nicht gerade im hell beleuchtetem Stadtzentrum, aber ich fühle mich nicht unwohl oder gar bedroht….Ich frage an der Rezeption nach, wo ich denn noch so spät am Abend Zigaretten kaufen kann. Er schickt mich raus auf die Straße und sagt, da würden Händler stehen. Okay….ich gehe raus - es ist dunkel und Menschen sind auch nicht zu sehen. Würde ich mich jetzt in Deutschland befinden, würde ich sagen….“das ist hier eine komische Ecke, komm lass uns verschwinden..“ aber ich bin in Indien und da sieht es nun mal so aus. Auf der anderen Straßenseite sehe ich tatsächlich einen Typ und der verkauft Zigaretten aus einer Kiste. Ich gehe hin und bin gerade am Preis verhandeln, da höre ich eine laute Stimme rufen: „Silvana….Silvana!!“ Es ist Kaori, die aufgeregt auf mich zu gerannt kommt. Ich denke noch, was ist denn jetzt passiert… Sie erklärt mir jedoch, sie habe sich Sorgen um mich gemacht und wieder muss ich mir anhören: „You know nothing about India!!!“ So langsam reicht es mir aber. Ich fühle mich ständig bevormundet und gebe ihr freundlich, aber bestimmend zu verstehen, dass ich weiß Gott kein kleines Kind mehr bin, ich sehr gut auf mich selbst aufpassen kann und sie sich keine Sorgen machen. Ich bin schon so oft in der Welt unterwegs gewesen, wie ich ihr später erkläre. Ich sage weiter zu ihr, dass ich jetzt an einen anderen Ort gehe, um Zigaretten zu kaufen, weil der Typ hier zu teuer ist und ich auch noch 2 Bier für uns organisieren werde. Ich schicke sie zurück aufs Zimmer und laufe ein Stück weiter die Straße entlang. Ich weiß zwar auch noch nicht, wo ich das alles bekomme, aber ich vertraue drauf, dass ich schon etwas finden werde. Ich laufe ein Stück weiter die Straße entlang, da sehe ich zwei Männer die rauchen. Die müssen ja wissen, wo ich noch Zigaretten kaufen kann und so frage ich nach. Die beiden zeigen auf ein Lokal, da müsse ich durch und auf der anderen Straßenseite würde ich welche bekommen. Gesagt, getan….ich mache die Tür zu dem Restaurant auf und denke…Oh mein Gott!! Das Lokal ist brechend voll mit indischen Männern. Alle starren mich an, als ob sie noch nie eine europäische Frau gesehen hätten. Am anderen Ende sehe ich die Tür, die mich zu der Straße bringt und denke, da musst du jetzt hin. Also laufe ich schnur straks, selbstbewusst mit erhobenen Hauptes und ohne nach rechts oder links zu schauen zu der Tür am anderen Ende. Ich spüre die Blicke, die mich verfolgen, habe aber kein bisschen Angst….Was soll mir hier schon passieren?? Ich betrete eine belebte Straße, die sogar beleuchtet ist und schaue mich um. Links ein Likör-Shop und rechts neben mir steht ein junger Typ, der die Zigaretten ebenfalls aus einer Kiste heraus verkauft. Ich gehe auf ihn zu um zu fragen, was er für eine Schachtel verlangt, da ertönt neben mir eine Stimme:“ You are from Germany? Right?“. Ich drehe mich um und ein junger Inder steht lächelnd vor mir. Ich bin überrascht und frage mich, woran er das wohl erkennt? Ich fühle mich nach 2 Tagen ohne duschen und dreckige Klamotten, in meiner Haremshose, einer zerknitterten schlapprigen Bluse, Sneakers an den Füßen und meinem Dutt auf dem Kopf so gar nicht deutsch. Wir plaudern ein wenig….den üblichen Smalltalk halt, wo ich herkomme, wo ich hin will und er verhandelt für mich sogar den Preis für die Schachtel Zigaretten. Ich bedanke mich herzlich, verabschiede mich und gehe in Shop nebenan und kaufe zwei Bier für Kaori und mich. Dann geht es zurück durch das Restaurant mit den Indern und ins Hotel. Dort angekommen präsentiere ich Kaori meine Einkäufe und sage ihr nochmals sie müsse sich keine Sorgen machen, ich bin schon so oft allein durch die Welt gereist und sie wisse auch nichts von meinem Leben. Wir sind uns wieder gut, umarmen uns, lachen und stoßen mit unseren Bierflaschen an. Kaori macht den Vorschlag, am nächsten Tag ein Taxi nach Manali zu nehmen. Die Straße wäre ziemlich schlecht und außerdem wären wir schneller mit nem Auto. Wir könnten über den Preis verhandeln, wenn wir mit dem Taxi früh noch ein wenig Sightseeing in Chandigarh machen und dann mit dem selben Auto am Nachmittag weiter fahren. Das ist zwar viel teurer, als die Busfahrt, aber die Aussicht auf ein wenig Komfort, nach den Anstrengungen der letzten 2 Tage, lässt den Preis vergessen. Ich finde die Idee gut und so beschließen wir uns morgen früh nach einem Taxi umzuschauen. Jetzt möchte ich aber nur noch raus aus meinen Dreckklamotten und eine schöne Dusche genießen.
Der nächste morgen – ich habe mir in der Nacht alle meine dicken Sachen angezogen, weil es so kalt im Zimmer war. Wir konnten die Klimaanlage nicht ausschalten und so blies die ganze Nacht hindurch die kalte Luft in den Raum. Trotzdem hab ich geschlafen wie ein Stein. Wir bestellen uns Frühstück aufs Zimmer und machen einen Plan für den Tag. Spätestens um 15 Uhr wollen wir in Richtung Manali aufbrechen. Die Fahrt dorthin mit dem Auto dauert ungefähr 8 Stunden. Wir verhandeln an der Rezeption über den Preis für ein Taxi für Sightseeing und die Fahr nach Manali. Kaori kann sich mal wieder nicht beherrschen und pflaumt die beiden armen Rezeptionisten, egal welchen Preis sie auch nennen, an….“To expensive!!!......No……To expensive!!!!“ …und rennt aus dem Hotel. Ich laufe hinter ihr her und gebe ihr zu verstehen, dass 4000 Rupien (ca. 50€) für uns beide, eine Tour durch die Stadt und die anschließende 300 km Fahrt nicht zu teuer finde. Zurück an der Rezeption bitte ich die beiden Herren, für uns das Taxi zu buchen. Einer der Männer sagt nochmal zu mir, dass er nicht verstehen kann, warum meine japanische Freundin stets so unfreundlich ist. Ich erkläre ihm wieder, das sind ihre Indien-Erfahrungen. Er bedankt sich bei mir für meine Freundlichkeit und schreibt mir noch ein paar nette Zeilen auf ein Blatt Papier, in dem er mir eine gute Reise wünscht. Kaori hat sich auch wieder beruhigt und stimmt zu. Also rein ins Taxi und auf geht’s. Chandigarh ist eine richtig schöne saubere Stadt. Schöne Straßen, schöne Parks, Schöne Häuser….So kann Indien also auch aussehen – ich bin positiv überrascht. Der Taxifahrer bringt uns zum Rock-Garden. Keine Ahnung was das sein soll…vielleicht ein Park? Wir müssen etwas Eintritt bezahlen und betreten ein eingemauertes Gelände durch eine winzig kleine Türöffnung. Dahinter erscheint ein Labyrinth aus Stein-Skulpturen, Stein-Mauern, Stein-Gebilden…..enge Gassen, Wege und schmale Wasserwege führen durch die ganze Anlage. Es sieht wunderschön aus und ich bin wirklich richtig beeindruckt. Eine Menge gut gekleideter Menschen tummeln sich in dem Park. Familien mit Kindern, alte Leute, junge Leute…….Wir sind die einzigen Ausländer mit Pino und dementsprechend werden wir auch begutachtet. Die Menschen lächeln uns alle freundlich an und dann beginnt der Foto-Marathon. Viele fragen uns, ob sie sich mit uns fotografieren lassen können…..junge Pärchen, ganze Familien, junge Typen…Selfie hier und Selfie da…ich bin amüsiert und komme mir vor wie ein VIP. Alle sind sehr nett zu uns aber nach ner Zeit bin ich genervt und wir versuchen möglichst Selfi-Frei weiter durch den Park zu laufen. Ein Stück weiter hören wir in der Ferne Musik und kommen kurze Zeit später zu einem riesigen Platz, der ein wenig an ‚Hundertwasser‘ erinnert…aus den Lautsprechern ertönt laute Bollywood Musik und die Leute tanzen nach dem typischen Rhythmus der Musik quer über den Platz. Es ist so seine ausgelassene, freie und lustige Stimmung, die sofort ansteckt. Ich spüre wie mein Körper automatisch mit dem Takt der Musik wippt, und so tanzen wir einfach mit und es macht soviel Spaß…..Mit dem Spaß vergessen wir auch irgendwie die Zeit und als wir auf die Uhr schauen, ist es bereits nach 16 Uhr. Wir bekommen einen Schreck, haben wir doch noch 300 km Autofahrt vor uns. Wir machen uns auf den Weg und suchen nach dem Ausgang. Unser Taxi wartet schon und so starten wir mit Verspätung, aber mit vielen schönen Eindrücken für die kurze Zeit in Chandigarh.
Unterwegs verstehe ich, warum Kaori das Taxi vorgeschlagen hat. Die Straßen sind wirklich eine Katastrophe - holprig, schmal und mit unzähligen Kurven geht es rauf in die Berge in den indischen Staat Himachal Pradesh. Auf der Straße ist so viel Verkehr – Trucks, Busse, Motorräder, Autos……wieder alle kreuz und quer fahrend. Bei den waghalsigen Überholmanövern in den unübersichtlichen Kurven klammere ich mich jedes Mal in den Sitz, kneife meine Augen zu und hoffe, dass kein Auto oder gar Truck vor uns erscheint. Mittlerweile ist es dunkel. Kaori schläft neben mir und ich merke, wie der Fahrer, trotz offener Fenster und viel frischer kalter Luft, immer mehr gähnt. Ich habe Angst, dass er einpennt und so halte ich mich wach und fange immer wieder ein Gespräch mit ihm an. Denn ich habe keine Lust hier irgendwo im Abgrund zu landen. Wir erreichen Manali um 1 Uhr früh. Keine Menschenseele auf den Straßen und da wir kein Hotel gebucht haben, wissen wir auch noch nicht, wo wir schlafen. Wieder vertraue ich drauf, dass uns schon etwas begegnen wird……und es wird. Wir fahren ins Ortszentrum und steigen aus. Ein eisiger Wind weht uns um die Ohren. Ja Manali liegt in den Bergen auf 2000 Metern Höhe und da ist es abends, wie auch bei uns in den Alpen, kalt. Ein Stück entfernt sehen wir ein paar Männer am Straßenrand. Unser Fahrer geht hin und kurz darauf kommt er zurück mit einem Mann, der ein Hotel ganz in der Nähe besitzt. Wir haben Glück und so finden wir uns kurze Zeit später in einem wunderschönen Zimmer, was an ein Chalet in der Schweiz erinnert, wieder. Für diese Nacht sind wir untergekommen. Morgen ist ein neuer Tag und dann sehn wir weiter…..
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Abschied von Pratima und Raju |
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Abschied von Tsiring |
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....ein blinder Passagier in der Mitte |
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....auf der Rikscha mit unserem Fahrer |
im Zug nach Chandigarh |
Hey Silvi, so ein schöner Bericht, ich bewundere Dich sehr und bin begeistert von Deiner Reise! Wirst Du nach Thailand auch mit dem Bus fahren ??? :-)
AntwortenLöschenIch schaue mir auf der Karte immer an, wo Du gerade bist und kann mir dann alles besser vorstellen .... die Fotos sind auch schön, man bekommt so einen guten Eindruck und kann sich das besser vorstellen.
Wir sitzen immer noch fest in Neuburg, aber .... Geduld Geduld Geduld ....
Fühl Dich umarmt und gedrückt und schreib bald wieder!
Alles Liebe, Andrea
Hi Süsse....nee..nee...nach Thailand mit dem Bus?? Das schaffe ich bis Weihnachten nicht !! (hihi...)
AntwortenLöschenDrück Dich!!